Mode 1927
Das Jumperkleid gehört 1927 zur Grundausstattung der Damengarderobe. Die Tagesmode wird dominiert vom sportlich inspirierten Jumper was zu einer gewissen Uniformität führt. Die Modelle unterscheiden sich nicht im Schnitt, dafür versucht man aber mit raffinierten Details Abwechslung in die Mode zu bringen. So wird gern ein Jabot an die Bluse genäht oder eine Krawatte für den besonderen Pfiff getragen. Besonders oft erhält die Bluse einen sehr jungenhaft wirkenden Kragen. Auch Stickereien, Blenden oder ein Stoff mit neuerdings geometrischen oder abstrakten Mustern - entlehnt der Formensprache der Moderne und des Art Déco - geben der Trägerin die Möglichkeit sich abzuheben.
Die Taille rutscht in diesem Jahr bereits wieder etwas höher und sitzt nun auf der Spitze der Hüfte. Diese Tendenz hat sich bereits in der Herbstsaison des letzten Jahres angedeutet.
Röcke so kurz wie nie
Im Sommer 1927 werden die Rocksäume nochmals kürzer und enden sogar knapp über dem Knie. So präsentiert das Titelblatt der deutschen Modezeitschrift Die Dame im Mai ein kniefreies Reitkostüm für die Dame. Im selben Heft erscheint ein Artikel mit dem Titel „Das Bein“ von Richard von Schaukal:
„Ich habe eine Schwäche für Beine. Ich bin meiner Zeit dankbar, dass sie mich Beine sehen läßt. Frauenbeine. […] Es ist wahrlich eine Revolution.“1
Jedoch hält sich diese Rocklänge nur kurzzeitig und bereits im Herbst werden nur noch Modelle mit bedeckten Knien gezeigt.
Um der Trägerin größtmögliche Bewegungsfreiheit zu ermöglichen werden neben der Verwendung von Plisseestoffen auch Kellerfalten und Glockenfalten, die dem Rock eine geradlinige Erscheinung geben, eingearbeitet. Aber auch Godets werden beim Nähen von Röcken eingearbeitet. Sie lassen den Rock zum Saum allerdings leicht glockig und Falten werfend aufgehen.
Abendmode 1927
Während die Tagesmode neue Rockhöhen erklimmt, zeichnet sich in der Abendmode schon ein vollkommen gegensätzlicher Trend ab. Bei den kniekurzen Abendkleidern werden Schärpen oder auch Stoffdrapierungen angenäht, die den Saum einseitig oder unregelmäßig - meist zipfelartig - verlängern. Einige Abendkleider werden am Rock mit Fransen versehen, jedoch bleiben diese eher selten, obwohl man heute das Fransenkleid mit dem typischen 20er Jahre Flapper-Look verbindet.
Als Accessoires für festliche Abendanlässe werden Stirnbänder getragen - auch mit Federn verziert - und auch Zigarettenhalter genutzt. Das öffentliche Rauchen von Frauen wird nun eher toleriert als noch vor 10 Jahren.
Mäntel zeigen einfache Linie
Im Frühjahr trägt die Dame zum Jumper einen sportlichen, knielangen Mantel. Charakteristisch für Mäntel ist der formlose, aber schlanke Schnitt. Befestigt wird der Mantel einseitig zumeist an einem, bis mehreren großen Knöpfen, die jedoch nicht mehr so groß sind wie zu Anfang des Jahrzehnts. Mäntel ohne Knöpfe werden mit einem Gurt oder Gürtel, die in der Farbe des Mantels gehalten sind, lose an der Hüfte befestigt.
Mode für regnerische Tage
An Regentagen werden von Männern als auch von Frauen Trenchcoats getragen. Der Trenchcoat (dt.: etwa Schützengrabenmantel) wurde zuerst vom britischen Militär während des Ersten Weltkrieges als praktischer Regenmantel eingeführt. Diese werden aus wasserabweisendem Gabardine oder auch Gummi hergestellt. Zum Schutz des empfindlichen Leders von Damen- und Herrenschuhen werden Galoschen (Überschuhe) aus Gummi über den eigentlichen Schuhen getragen. Die Galoschen werden durch kleine Metallriemchen und neuerdings auch Reißverschlüsse verschlossen, die eine technische Neuheit darstellen.
Flappermode auf dem Höhepunkt
1927 ist der Höhepunkt der Flapper Mode. Das Wort Flapper hat seine Herkunft der Tatsache zu verdanken, dass junge Damen ihre Galoschen früher unverschlossen trugen, wodurch die Laschen der Schuhe ein charakteristisches „flap flap“ beim Gehen von sich gaben. Entstanden ist das Wort bereits in der Zeit des Ersten Weltkriegs.
Mode aus Katalogen und Zeitschriften des Jahres 1927
Fußnoten
1 Schaukal, Richard von, Das Bein. Eine Betrachtung von Richard von Schaukal, in: Die Dame, Nr. 17 (54), Zweites Maiheft 1927, S. 7.