Mode 1923

Trauerkleid mit passendem Hut und mehrstufigem Rock aus Krepp Anglais und Georgette Krepp des Modehauses Au Sablier — Les Modes, Nr. 229 (23), Juni 1923, S. 21. Foto: Henri Manuel, Paris (1874-1947)
Frühjahrs- und Sommerkleider in verschiedenen Preislagen Charles William Stores Inc. Frühjahr/Sommer 1923, S. 9
Schnallenschuhe, Oxfords und ein Schnürstiefelmodel Charles William Stores Inc. Frühjahr/Sommer 1923, S. 209
Norfolk Sportanzug (links) und zwei elegante Herrenanzüge aus Kaschmir- und Angorawolle National Cloak & Suit Co. Frühjahr/Sommer 1923, S. 354

Die Entdeckung des unberührten Pharaonengrabes von Tutanchamun im November 1922 durch Howard Carter löst eine große Ägyptenbegeisterung und Hysterie in Europa und Amerika aus von der auch die Mode nicht unberührt bleibt.

Man veranstaltet Empfänge oder Partys im ägyptischen Stil bei der die Damen Kleider mit ägyptischen Verzierungen und Motiven tragen. Exotisches Aussehen verleiht auch der verlängerte Lidstrich der im Stile der Gattin von Tutanchamun imitiert wird. Überhaupt verliert Schminke an Anstößigkeit und wird allgemein salonfähig.

Hollywood Stars als neue Trendsetter

Auch die Stars der noch jungen Filmindustrie wie Gloria Swanson oder Asta Nielsen liefern die Vorlagen für die Art sich zu schminken oder neue Trends den allseits nachgeeifert wird. Gerade in Stummfilmen wird die exzessive Benutzung von Schminke vorgeführt, vor allem um die Mimik der Schauspieler in den Filmen zu unterstreichen.

Der Bubikopf - Frisur des Jahrzehnts

Um 1923 setzt sich auch der Bubikopf als Stil gebende Frisur des Jahrzehnts durch. Die Dame muss den Weg zum Herrenfriseur wagen, um sich die Haare schneiden zu lassen, da es bisher keine Friseure für Frauen gibt. Die Haare werden einfach kurz geschnitten und ansonsten nicht weiter frisiert - erst mit zunehmender Fertigkeit der Friseure in den nächsten Jahren entstehen neue Damenfrisuren.

Topfhüte erobern Mode

Mit dem endgültigen Durchbruch der Kurzhaarfrisur tauchen am Kopf sehr eng anliegende Hüte auf - auch Topf- oder Glockenhüte genannt - die in den folgenden Jahren aus der Garderobe nicht mehr wegzudenken sein werden.

Unterröcke verlieren an Bedeutung

Das Tragen von Petticoats und weiterer, überschüssiger Unterkleidung kommt langsam aus der Mode und die Silhouette verliert an Weite. Das erste Herbstmodenheft der Dame, das auf Grund der galoppierenden Inflation Ende September fünf Millionen Mark kostet, bringt die neue Line auf den Punkt: „Die Line bleibt schlank, die Kleider sind gerade und sehr eng.“1

So etabliert sich nun eine schlanke, geradlinig, abfallende Linie von der Schulter bis zum Rocksaum, die bis zum Ende der Dekade en vogue bleiben wird und ohne jegliche Figurbetonung auskommt. Diese sehr knabenhaft anmutende Figur verzichtet auf Taille, Hüfte und Brust und repräsentiert ein neues Selbstbewusstsein welches sich an der Männermode orientiert und damit bewusst provoziert. Die neue androgyne Frau wird auch als Garçonne bezeichnet. Der Begriff Garçonne leitet sich ab von einem Roman des Franzosen Victor Marguerittes mit dem gleichnamigen Titel.

Revival des langen Rockes

Jedoch werden die Röcke 1923 wieder fast knöchellang und bedecken wieder somit deutlich die Waden. Die Frage, ob kurzer oder langer Rock stellt sich nicht mehr. Die Taille wird mit einem Gürtel auf der Hüfte angedeutet - jedoch nicht eng geschnürt - oder an dieser mit einem Stoffband drapiert.

Kostüm im männlichen Schnitt

Das Kostüm ist unverzichtbar für eine gut ausgestattete Damengarderobe und orientiert sich ebenfalls stark an der Männermode. Beim Jackenkleid liegt die Jacke an der Hüfte besonders eng an. Der männliche Schnitt setzt sich auch besonders in der Sportmode fort. Zum Reiten trägt die Frau Knickerbocker Hosen und Hemd - auch mit Krawatte. Für andere Sportarten wird eine Bluse mit meist plissiertem Rock in der aktuellen Rocklänge getragen.



Fußnoten

1 Thal, Johanna, Die Wintermode. Eine Übersicht von Johanna Thal, in: Die Dame, Nr. 24 (50), Ende September 1923, S. 9-11, 18 u. 42-46, hier S. 9.

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