Mode 1926

Weißes Seidenkreppkleid mit Blendeneinsätzen, roter Tuchjacke und plissiertem Rock — Die Dame, Nr. 17 (53), Erstes Maiheft 1926. Foto: Zander & Labisch
V.l.n.r.: Jumper aus Samt, elegantes Nachmittagskleid aus Chiffonsamt sowie Cape und Mantel für den Herbst ebenfalls aus Chiffonsamt Modenschau Heft Nr. 166, Oktober 1926, S. 22a
Herrenmäntel aus reinen Wollstoffen. Ein Ulster, zwei doppelreihige Paletots und ein Mantel mit Pelzkragen aus Murmeltierfell Charles William Stores Inc. Herbst/Winter 1926, S. 293
V.l.n.r.: Nachmittagskleid aus Popeline mit Lingerieweste, Teekleider aus Crêpe Satin und Crêpe Athénien sowie ein Blusenkleid aus Crêpe de Chine. Bubikragen, Jabot und Schleifchen sind en vogue Modenschau Heft Nr. 168, Dezember 1926, S. 22d
Damenmäntel aus Wollstoffen mit Besatz aus Mufflon- und Eichhörnchenpelz. Unten links eine Holzfällerjacke aus Englischleder für Frauen — Sears, Roebuck & Co. Hauptkatalog 1926, S. 9
Hochsommerliche Kleider aus Taft, Shantungseide sowie Marocain Krepp. Drei Röcke sind glockig ausgeführt, ein Rock ist rundum plissiert La Coquette Heft Nr. 162, Juli 1926, S. 15
Bunt bedrucke Seiden-, Chiffon-, Georgette- und Satinstoffe für den Sommer Bellas Hess & Co. Frühjahr/Sommer 1926, S. 230
Wintermäntel für Damen aus Woll-Velour und anderen Wollstoffen mit Verbrämungen aus koreanischem Fuchs, Opossum und Bieberpelz — Sears, Roebuck & Co. Herbst/Winter 1926-27, S. 12
Pelzmäntel aus Kaninchenpelzen, die auf teurere Pelze wie Leopard umgefärbt wurden — Chicago Mail Order Co. Herbst/Winter 1926-27, S. 17
Ärmellose Abend- und Ballkleider aus Velours Chiffon und Crêpe Georgette, deren Oberteile leicht blusig gearbeitet sind. Eine Abendtoilette mit Fransen Modenschau Heft Nr. 168, Dezember 1926, S. 22b
Damenstrümpfe aus reiner Seide, Seiden-Rayon und Seiden-Chiffon, die in 20 verschiedenen Farbnuancen erhältlich sind — Chicago Mail Order Co., Frühjahr/Sommer 1926, S. 203
Farbenfrohe Hüte mit flächigen Blumengarnierungen und Stickereien Bellas Hess & Co. Frühjahr/Sommer 1926, S. 96
Hemden, Pullover und Jacken für den Sport. Ein Golfensemble für den Mann mit Schiebermütze Bellas Hess & Co. Frühjahr/Sommer 1926, S. 172

Schlichtheit und Einfachheit sind die charakteristischen Merkmale der Mode 1926. Erst in den mannigfaltigen Details offenbart sich die Verschiedenartigkeit der gegenwärtigen Mode. Die gerade abfallende Kleidlinie und klare Schnitte bestimmen die Damenmode, die einerseits betont männlich sein kann, andererseits aber auch nicht auf weiblichen Charme verzichten muss. Während sich Vormittags- und Straßenkleider recht herb und streng geben, wird die Erscheinung der Kleider am Abend wieder weicher und fraulicher.

Obwohl bereits in der Frühjahr- und Sommersaison des letzten Jahres einige Kleider fast kniekurze Rocksäume zeigten, erklimmen erst in diesem Jahr die Röcke Zentimeter für Zentimeter das weibliche Bein. Der Rocksaum bedeckt allerdings, wie man es unschwer in vielen Zeitschriften und Katalogen beobachten kann, das Knie noch deutlich. Die Gürtellinie verbleibt seit ihrer moderaten Erhöhung im letzten Jahr oben auf der Hüfte.

Kostüme in betont männlicher Manier

Die betont männliche Linie wird vor allem bei den Jumperkleidern und Kostümen favorisiert, wobei letztere besonders stark die Herrenfasson übernehmen und gern mit einer Krawatte kombiniert werden. Anders als im letzten Jahr, das im Zeichen des Complets (Ensemble) stand, spielt das Kostüm in diesem Frühjahr wieder eine weitaus bedeutendere Rolle. Schottische und kleingemusterte Wollstoffe finden bevorzugt Verwendung für die geschneiderten Kostüme, deren Linienführung aber „nicht mehr [so] übertrieben streng“1 wie im letzten Jahr ist, sich aber trotzdem in Schnitt und Aufmachung offensichtlich am Herrensmoking orientiert.

Auch das so genannte Jumperkleid wirkt durch seine sportlich einfache Linie besonders jungenhaft. Es besteht aus einem blusigen Oberteil oder Pullover (engl. „Jumper“) und wird mit einem geradlinigen Rock getragen, dem entweder tiefe Quetsch- oder Kellerfalten eingearbeitet sind oder der vollständig oder teilweise aus Plisseestoff gearbeitet ist. Um mehr Variationen in die Jumpermode zu bekommen werden neuerdings konträre Stoffe zusammengestellt, wie Jerseytrikot und Kasha, Seide und Jersey, Seide und Kasha, Seide und Taft, Seide und Chiffon oder Lamé und Chiffon. Auch der Kontrast zwischen einfarbiger Bluse oder Kasack und gemustertem Rock und Jacke findet viel Anklang.2

Gerade das praktische Jumperkleid steht derzeit aufgrund seiner Bequemlichkeit, seines hohen Tragekomforts und der zwanglosen Erscheinung bei den Damen hoch im Kurs und wird auch gerne als Kleid für den Nachmittag oder den 5-Uhr-Tee gewählt. Allerdings lässt sich auch hier eine Abkehr von der allzu strengen Herrenfasson beobachten. Eine betont herbe Note und androgyne Linie erhalten viele Nachmittagskleider durch eine strenge Aufmachung, die sich beispielsweise in hochgeschlossenen, eng am Hals liegenden, bis unter das Kinn gehende Kragenformen, biederen Bubikragen oder gepufften Unterärmeln äußern kann. Herrenmäßige Umlege- und Smokingkragen, Beffchen, Plastrons und Krawatten unterstreichen diese Wirkung. Häufig zu sehen sind derweil auch Kleider mit Gilets (dt. Weste) und tiefen westenartigen Fronteinsätzen mit in Fältchen gelegten schmalen Rüschen und Jabots.3

Complets, Umhänge und neuerdings Taft

Als bequeme Frühjahrsanzüge bieten sich leichte Complets an die, anders als die Kostüme, weichere Linien vorgeben. Leichte Wollstoffe, Alpaka oder Kunstseiden werden für das Complet bevorzugt.4 Für die Wochenendreise bieten sich Reisecomplets an, die aus Jumper- oder Mantelkleid, Jacke und mit einem bis zu den Hüften reichenden Cape, dreiviertel- oder ganz langem Umhang kombiniert werden.5 Ebenso ergeben diese Umhänge in Verbindung mit Kleidern aus Kasha eine vortreffliche Kombination für den Vormittag. Überhaupt ersetzt das Cape oftmals den Mantel in vielen Frühjahrskollektionen gänzlich.6

Eine Modeneuheit der diesjährigen Saison ist der Taftmantel, der den im letzten Jahr lancierten Seidenmantel ablöst. Gerade „für den Nachmittag wird Taft diesmal eine prominente Rolle spielen. Was im Vorjahre noch verpönt war, gilt jetzt wieder als schick.“7 Die Kombination von Taftkleid und Mantel aus gleichem Material und in gleicher Farbe ergibt ein elegantes Nachmittagscomplet. Die leichte Starrheit des knisternden Stoffes und seine prätentiöse Wirkung verlangen eine schlichte und einfache Verarbeitung, um nicht allzu kapriziös zu wirken. Dafür eignet sich der Rock des Taftcomplets ideal für mehrere Rockstufen oder Volants.8

Die Modelinie des Frühlings

Betont weibliche Züge haben im Gegensatz zum Kostüm und Jumperkleid die Frühjahrs- und Sommerkleider, deren Röcke leichte Faltenwürfe und glockenhafte Weite präsentieren, trotz der gerade abfallenden Grundlinie. Die scheinbar vorgezeichnete Tendenz des vergangenen Jahres, den Rock durch glockigen Faltenwurf und eine immer größere Stofffülle zu erweitern, hat sich nicht fortgesetzt, denn „die Glocken, die im Winter so beliebt waren, sind vollständig verschwunden.“9 Die Kleidlinie soll in jedem Fall von der Schulter bis zum Saum möglichst geradlinig und damit betont schlank und jugendlich bleiben. Stattdessen wird die notwendige Weite des Rockes durch eingearbeitete Godets, Fächerfalten sowie Falten verschiedenartigster Couleur oder Musterplissées erzielt. Die glockigen Rockteile befinden sich an sämtlichen Modellen allein auf der Frontseite oder beschränken sich lediglich auf eine Seite; niemals ist der Rock jedoch vollständig ringsum glockig.10

Für dickere Stoffe kommen glockige Verarbeitungen für den Rock nicht in Frage, da sonst die gerade Linie abhanden käme. Hier werden die Stoffe in Falten gelegt oder Plissees verarbeitet, so dass der Stoff immer wieder automatisch in sich zusammenfällt und die gerade Linie beibehält. Vor allem die Plisseestoffe erfreuen sich großer Beliebtheit, da die gebrannten Fältchen in vielen Mustern daher kommen. Gezackte Faltenbordüren, Quetschfalten, strohgeflechtartige Fältchen oder Waffel-Plissees stellen fast eine eigenständige Mode dar. Außergewöhnlich feine und schmale Fältchen weist zudem das Kristall-Plissee auf.11

Die seit letztem Jahr wieder leicht erhöhte Taillenlinie wird besonders durch die neue Vorliebe für Bolerokleider unterstrichen, wobei viele Kleider auch gerne mit boleroartigen Effekten aufwarten. Ebenso hat sich der Gürtel nach einiger Zeit der Abstinenz seinen Platz in der Mode wieder zurückerobert, was zu einem leichten Überlappen des Oberteils führt und auch als blusiger Effekt bezeichnet wird.12 Chinakrepp, Rips, Kasha, Faille, schwerer Seidenrips, Alpaka, Schantung, Krepp-Georgette und Chiffon sind die Stoffe des Frühjahrs. Eine Neuheit der Saison ist Taft, der für Mäntel, Kleider und sogar Kostüme verarbeitet wird. Die dominierenden Farben des Frühlings sind Rosa, wie Alt-, Welk- und Pastellrosa sowie Grüntöne. Daneben existieren Dunkel- und Marineblau, Grau, Weiß, Rot, Beige, überhaupt Pastelltöne, und natürlich Schwarz.13

Schleifen und bunt bedruckte Stoffe

Das Neue der diesjährigen Saison ist das Material, die Farbe, die Musterung des Textils - der Stoff an sich. „Bunt bedruckt ist die Parole für das Frühjahr!“14 kündigt deshalb die Modezeitschrift Die Dame im Februar ihren Leserinnen die kommende Mode an. Vor allem dünne Schleierstoffe wie Chiffon, Kreppchiffon und Georgettekrepp, Crêpe de Chine, Taft in weichsten Qualitäten und vor allem Seidenstoffe aller Art wie beispielsweise waschbare Japanseiden erblühen in schillernden und lebendigen Farben, deren Dekors von einfachen Streifen- und Karomusterungen, abstrakten Formen bis hin zu Pflanzen- und Blütenmotiven reichen.15 Auch Spitze findet reichlich Verwendung.

Zur Belebung der einfachen Kleiderformen finden in der Frühjahrsmode Schleifen großen Anklang. An allen leichteren Kleidern haben Schleifen den Knopf als Verschluss vollständig abgelöst und werden immer aus dem Kleidstoff hergestellt. Sie finden sich vorzugsweise als Abschluss an Kragen, Ausschnitt, Schulter, Schoß oder seitlich an der Hüfte. Die langen Enden der Schleifen gehen manchmal in wasserfallartige Anordnungen über oder werden bewusst als kleidsame Drapierung eingesetzt. Auch schmale zu Schleifen gebundene Bändchen finden sich sehr oft an hochgeschlossenen Kragen oder als Ärmelabschluss.16

Pelze im Sommer

Selbst im Sommer ist der Pelzmantel oder der pelzverbrämte Mantel für kühlere Tage oder die Autofahrt im offenen Kabriolett keineswegs ungewöhnlich. Vorrangig leichte Felle aus Kaninchen oder Maulwurf sowie pelzartig verarbeitete Stoffe finden Verwendung und werden in den Farben Hellgrau, Braun und Weiß getragen. Selbst Feh (Eichhörnchen) der „einstmals von unseren Müttern so geringgeschätzte Pelz mit dem hübsch klingenden Namen, läuft heute dem ex-königlichen Hermelin den Rang ab“17, kommentiert die Modejournalistin Anita Daniel in der Zeitschrift Die Dame.

Pelz auch wichtiger Bestandteil der Herbstmode

Die neuen langen oder dreiviertellangen Herbstmäntel werden mit auffälligem Pelzbesatz wie Kaninchen oder Skunk garniert. Von einem voluminösen Schalkragen ausgehend wird der Besatz vertikal bis zum Saum weitergeführt, wobei auch der Mantelsaum rundum besetzt sein kann. Der Mantel wird überaus eng übereinander geschlungen getragen, so dass die schlanke Körperlinie wieder mehr zu Geltung kommt. Dagegen zeigen sich die Ärmel umso weiter und faltiger. Im Nacken steht der Pelzkragen hoch.18 Selbst Kleider werden mit schmalen Pelzstreifen an Kragen, Ärmelaufschlägen und Saum verbrämt.19

Einen hohen Stellenwert hat auch der Pelzmantel, der im kommenden Winter vorrangig aus Nerz, Breitschwanz, Maulwurf, Astrachan, Persianer, Antilope oder Ziege gearbeitet wird. Der Pelz kann ferner kurz geschoren oder zudem auf Leopard oder Giraffe gefärbt sein. Überhaupt werden gerade einfache Felle gern auf die Modefarbe der Saison, nämlich Braun und in beige bräunliche Töne, eingefärbt. Speziell luxuriöse Abendmäntel zeigen dagegen Zobel, Nerz, Chinchilla oder Hermelinbesatz. Neu ist der kimonoartige Schnitt des Abendmantels mit übermäßig weit geschnittenen Ärmeln.20

Abendmode mit Pailletten, Strass und Fransen

Die Abendmode präsentiert sich in diesem Jahr leicht und luftig. Ärmellose Kleidchen mit weiten und tiefen Ausschnitten zeigen recht viel Schulter und Rücken. Vorrangig Georgette, Krepp-, Chiffon- und Veloursstoffe finden neben Seidenstoffen für Abendkleider Verwendung, die mit eingenähten Metallfäden aus Silber- und Goldlamé feine Stickereien ergeben und die Abendtoilette besonders beleben. Für das große Abendkleid bleiben aber auch Pailletten, Strass und ebenso Perlen weiterhin beliebt.21 Wieder erneut groß in Mode sind Fransen aus Seide oder Lamé, die bevorzugt Teekleider und kleine Abendkleider zieren. Ein erwünschter Nebeneffekt der Fransen ist die Verlängerung der Silhouette, die folglich die Gestalt schmaler erscheinen lässt.22 Auch drapierte Schärpen, die über den Rocksaum hinausreichen und spitz zulaufen, erzielen und fördern diesen Effekt.

Große Farbauswahl für Seidenstrümpfe

Die immer kürzeren Röcke und die allmähliche Gewöhnung an das unbedeckte weibliche Bein führen nun zu immer helleren Färbungen der Seidenstrümpfe, die nicht mehr die Hautfarbe verdecken. Das Angebot an Seidenstümpfen beinhaltet nun eine große Auswahl an Farben mit einer scheinbar unerschöpflichen Menge an Farbabstufungen. Strümpfe mit solchen klang- und phantasievollen Namen wie beispielsweise „Atmosphere“, „Tea Rose“, „Pansy Purple“, „Orchid“, „French nude“, „Peach“ oder „Pearl Grey“ können für einen Dollar je Paar bei den US Versandhäusern Chicago Mail Order oder Sears, Roebuck bestellt werden.23 Ein besonders schicker, aber recht kurzlebiger Trend sind in diesem Jahr Strümpfe mit Motivstickereien, z.B. mit dem Konterfei des Liebsten.24 Für Gewöhnlich ist die Ferse aufgrund der starken Beanspruchung besonders verstärkt, wobei der Fersenansatz oft mit Ziernähten, Mustern und Stickereien versehen ist. Daneben sind auch gerippte und gemusterte Strümpfe en vogue, besonders im sportlichen Bereich.

Für die Herstellung von feinen Damenstrümpfen wird nun auch Kunstseide, die seit 1924 unter dem Produktnamen Rayon25 bekannt ist, verwendet. Damenstrümpfe aus Rayon sind halb so teuer wie Strümpfe aus echter Seide. Mit Hilfe von Strumpfbandhaltern und Strapsen werden die Strümpfe am Hüfthalter oder Korsett befestigt. Auch Strumpfbänder verhindern ein herabrutschen des Strumpfes.

Schlichte, enge Hüte

Die Hutkreationen entsprechen in ihrer Strenge der schlichten Kleiderlinie. Knapp und eng am Kopf liegen die Hüte, deren Krempe überaus schmal ist. Der Hutkopf ist hoch, breit-rund oder neuerdings kantig-zylindrisch geformt, so dass sie durchaus an die steifen Herrenzylinder erinnern. Die Krempen dieser Hüte sind äußerst schmal und „an irgendeiner Stelle, seitlich, rückwärts, vorn, ringsum hochgeschlagen, gebogen oder geknifft.“26 Für die Sommermonate dienen exotische grobe Strohsorten wie Crinol, Ramaillé, Manila, Timbo, Stresa, Bankok, Bengal oder Baliluk als Ausgangsmaterial.

Lila und Lilarot, Altrosa und Grün in allen möglichen Varianten gehören zu den bevorzugten Farben der warmen Jahreszeit, wobei immer großer Wert auf die farbliche Abstimmung mit dem restlichen Anzug gelegt werden muss. Ein Schal in gleicher oder zumindest passender Farbe versteht sich hier von selbst. Burgunderrot ist ebenfalls als Modefarbe zu nennen, doch nach Meinung der Dame wird sich diese Farbe kaum durchsetzen.27 Allerdings steht der auf ein Minimum reduzierte Aufputz, der oft nur aus einem Ripsband oder farblich abgetöntem Material besteht, an vielen Designerhüten in deutlichem Kontrast zu den blütenreichen, schmuckvollen Hüten der amerikanischen Versandhäuser, deren Modelle sich überaus detailreich und verspielt zeigen.

Die zwei Grundtypen des Bubikopfs

„Der ‚Bubenkopf’ hat eigentlich im Laufe seiner Entwicklung zwei Grundtypen herausgebildet. Und jede neue Mode variiert diesen Grundtyp“28, stellt Stephanie Kaul in der Septemberausgabe der Dame fest. Es gibt zum einen den herben und äußerst strengen Eton Schnitt, der nach dem gleichnamigen englischen Eliteinternat benannt und im Grunde mit dem aktuellen Herrenschnitt identisch ist.29 Bei diesem Schnitt wird das Haar bis über die Ohren geschnitten und im Nacken ausrasiert. Das längere Deckhaar wird dabei streng nach hinten gekämmt und wahlweise mit Pomade frisiert, wodurch es leicht glänzt. Die Stirn bleibt somit frei. Diese Variante, so führt Stepahnie Kaul in Die Dame aus, „verzichtet bewusst auf Hübschheit. Man will Linie! Der Kopf soll auch nach etwas aussehen.“30

Die andere Variante zeigt eine weitaus weichere Linie, bei dem die Haare in großzügigen Wellen onduliert werden. Da nicht jedes Gesicht mit dem glatten Bubikopf oder Eton Schnitt gleich vorteilhaft erscheint, kommen erneut künstliche Haarwellen auf, die entweder mit einer Brennschere oder mit Hilfe von Kämmen und einer speziellen Lotion hergestellt werden können. Bei der letzten Variante wird in das nasse Haar eine Lotion - eine Art Haarfestiger - einmassiert, die später die Wasserwellen besser in Form hält. Danach werden mehrere Kämme im Haar platziert und so verschoben, dass die Wellen in der erwünschten Größe entstehen. Bis zur vollständigen Trocknung der Haare hält ein Netz aus Echthaar die Frisur in Form.31 Als besonders Schick gilt es, wenn unter dem Glockenhut eine spitze Haarsträhne an der Wange hervorschaut. Ebenso apart wirken zu diesen besonders kurzen Frisuren, die kaum kürzer werden könnten, lange effektvolle Ohrringe in Tropfenform oder neuerdings Boutons32, die allerdings nur für abendliche Anlässe praktikabel sind.33

Kunstvolle Langhaarfrisuren

Trotz der großen Popularität der Kurzhaarfrisuren und des Bubikopfs gibt es viele Frauen die sich nicht von ihren langen Haaren trennen möchten. Diese Damen tragen einen Chignon (dt. Dutt oder Haarknoten) am Haaransatz im Nacken. Manche Dutte sind so kunstvoll und unauffällig in die Frisur eingearbeitet, dass es auf den ersten Blick kaum möglich ist zu unterscheiden, ob die Dame langes oder kurzes Haar trägt.34



Fußnoten

1 O. V., Vorschau auf die Frühjahrsmode. Neben dem Complet wieder das Schneiderkleid, in: Die Dame, Nr. 10 (53), Erstes Februarheft 1926, S. 18.

2 Vgl. Kaul, Stephanie, Jumperkleider aus allen Stoffen, in: Die Dame, Nr. 13 (53), Zweites Märzheft 1926, S. 20.

3 Vgl. Thal, Johanna, Mode-Notizen, in: Die Dame, Nr. 9 (53), Zweites Januarheft 1926, S. 41-44, hier S. 41-42.

4 Vgl. Thal, Johanna, Das Complet am Vormittag, in: Die Dame, Nr. 11 (53), Zweites Februarheft 1926, S. 18.

5 Vgl. o. V., Für die Reise, in: Die Dame, Nr. 11 (53), Zweites Februarheft 1926, S. 23.

6 Vgl. Nagy, Lily von, Capes für alle Tageszeiten, in: Die Dame, Nr. 13 (53), Zweites Märzheft 1926, S. 17.

7 Thal, Johanna, Nachmittagskleider. Taft ist wieder modern, in: Die Dame, Nr. 13 (53), Zweites Märzheft 1926, S. 22-23.

8 Vgl. Kaul, Stephanie, Das Taftcomplet, in: Die Dame, Nr. 13 (53), Zweites Märzheft 1926, S. 21.

9 O. V., Neues von der Frühjahrsmode 1926, in: Die Dame, Nr. 13 (53), Zweites Märzheft 1926, S. 12-13.

10 Vgl. Thal, Johanna, Die Mode am Scheidewege. Falten oder Glocken?, in: Die Dame, Nr. 9 (53), Zweites Januarheft 1926, S. 7-8; Kaul, Stephanie, Die verschiedenen Arten, den Rock weiter erscheinen zu lassen, in: ebd., S. 21.

11 Vgl. ebd; Thal, Johanna, Muster-Plissées die große Mode für das Frühjahr, in: Die Dame, Nr. 9 (53), Zweites Januarheft 1926, S. 20; dies., Mode-Notizen, in: Die Dame, Nr. 10 (53), Erstes Februarheft 1926, S. 40-42, hier S. 41.

12 Vgl. o. V., Neues von der Frühjahrsmode 1926, in: Die Dame, Nr. 13 (53), Zweites Märzheft 1926, S. 12-13, hier S. 12.

13 Vgl. ebd., S. 13.

14 Thal, Johanna, Buntbedruckter Seidenstoff, der Favorit der Frühjahrsmode, in: Die Dame, Nr. 10 (53), Erstes Februarheft 1926, S. 20-21, hier S. 20.

15 Vgl. ebda., S. 20-21.

16 Vgl. Thal, Johanna, Schleifen am Ausschnitt und Gürtel, in: Die Dame, Nr. 10 (53), Erstes Februarheft 1926, S. 22.

17 Daniel, Anita, Sommerpelze, in: Die Dame, Nr. 18 (53), Zweites Maiheft 1926, S. 6-7.

18 Vgl. Thal, Johanna, Pelze, in: Die Dame, Nr. 25 (53), Erstes Septemberheft 1926, S. 16; dies., Für die Strasse, in: Die Dame, Nr. 1 (54), Erstes Oktoberheft 1926, S. 19-20.

19 Vgl. Thal, Johanna, Kleine Tips für die Herbstmode, in: Die Dame, Nr. 25 (53), Erstes Septemberheft 1926, S. 44-46, hier S. 45.

20 Vgl. Thal, Johanna, Pelze, in: Die Dame, Nr. 25 (53), Erstes Septemberheft 1926, S. 16; Nagy, Lily von, Pelze, in: Die Dame, Nr. 1 (54), Erstes Oktoberheft 1926, S. 26.

21 Vgl. Bdh., E., Modebericht, in: Modenschau, Nr. 168 (13), Dezember 1926, S. 13.

22 Vgl. Tanja, Die Wintermode, in: Modenschau, Nr. 166 (13), Oktober 1926, S. 13.

23 Vgl. Chicago Mail Order Co., Katalog Nr. 86, Frühjahr/Sommer 1926, S. 203; Sears, Roebuck & Co., Katalog Nr. 152, Philadelphia, Frühjahr/Sommer 1926, S. 210-211.

24 Vgl. Worsley, Harriet, Fashion. 100 Jahre Mode, Königswinter 2004, S. 176.

25 Heutzutage ist Rayon auch unter der Bezeichnung Viskose bekannt.

26 Kaul, Stephanie, Hohe Hüte, in: Die Dame, Nr. 11 (53), Zweites Februarheft 1926, S. 21.

27 Vgl. ebd.; Thal, Johanna, Die neuen Hüte, in: Die Dame, Nr. 12 (53), Erstes Märzheft 1926, S. 16-17.

28 Kaul, Stephanie, Neue Frisuren, in: Die Dame, Nr. 25 (53), Erstes Septemberheft 1926, S. 23.

29 Vgl. Laubner, Ellie, Fashions of the Roaring '20s, Atglen, Pa, 1996, S. 84.

30 Kaul, Frisuren, S. 23, wie Anm. 28.

31 Vgl. Laubner, Roaring '20s, S. 84-88, wie Anm. 29.

32 „Bouton“ bezeichnet hier eine runde Perlenform, vgl. Thal, Johanna, Die Ballmode 1926, in: Die Dame, Nr. 9 (53), Zweites Januarheft 1926, S. 18.

33 Kaul, Frisuren, S. 23, wie Anm. 28.

34 Vgl. Laubner, Roaring '20s, S. 88, wie Anm. 29.

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